Fensterläden – Form und Funktion für die Fassade.
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Porträt: Klaus Hildenbrand setzt sich für »bodenständige Marktwirtschaft« ein - Vergiftung als Schlüsselerlebnis

Freudenberg Montag, 28.03.2016 - 19:55 Uhr

Im Klei­nen über das gro­ße Gan­ze sin­nie­ren, die glo­ba­le Wirt­schaft vom 300-See­len-Ört­chen Eben­heid aus ana­ly­sie­ren: Das macht Klaus Hil­den­brand, Ge­schäfts­füh­rer der Fens­ter­la­den­fir­ma Hil­b­ra, mit Vor­lie­be. Hier kann er den Blick über wei­te Fel­der schwei­fen las­sen. Hier ha­ben die Ge­dan­ken Raum, sich zu ent­fal­ten.

Bereits in der dritten Generation betreibt der 51-Jährige eine Schreinerei in Ebenheid. Der Tischlermeister ist regional verwurzelt, doch seine selbst entwickelten Fensterläden bietet er im ganzen deutschsprachigen Raum an. Auch in Athen und Luxemburg spenden seine patentierten Produkte Schatten. Wirtschaftsingenieur Hildenbrand beschäftigt sich aber nicht nur damit, wie man Wohnungen formschön vor zu greller Sonneneinstrahlung schützen kann, sondern wirft auch ein neues Licht darauf, wie es um die Nachhaltigkeit der Marktwirtschaft bestellt ist. Und da sieht es seiner Meinung nach düster aus. »Jahrhundertstrategie fehlt« Der 51-Jährige vermisst »eine Jahrhundertstrategie, die den Kollaps unseres Öko- und Wirtschaftssystems vermeiden könnte«. Er spricht sich für eine »bodenständige Marktwirtschaft« aus. Dahinter verbirgt sich ein Konzept, an dem Klaus Hildenbrand bereits seit den Neunzigern feilt. Ab 1996 legte er seinen Produkten einen Zukunftspass bei, der die Kunden umfassend über deren Herstellung informierte. Grübelte ein Kunde, ob er rote oder gelbe Läden nehmen soll, gab der Zukunftspass Auskunft über Unterschiede bei der Nachhaltigkeit. »Rot verbleicht schneller als Gelb. Die roten Läden sind also über einen Zeitraum von 30 Jahren teurer, weil sie öfter nachlackiert werden müssen als die gelben«, erläutert Hildenbrand. Der Zukunftspass preiste künftige Wartungsarbeiten also bereits ein. Datenbanken durchforstet Der Ebenheider Wirtschaftsingenieur berief sich dabei stets auf Daten, die allgemein anerkannt sind. So geben etwa die Hersteller von Lasuren Wartungsintervalle vor. »Die nachhaltigere Lösung ist die wirtschaftlichere Lösung, aber nie am Tag des Einkaufs, sondern über eine längere Zeitspanne«, betont Hildenbrand. Doch das genügte dem Wirtschaftsingenieur noch nicht: Als er allein mit den Herstellerinformationen nicht mehr weiterkam, arbeitete der Ebenheider mit dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie zusammen. Dort ersannen Wissenschaftler ein Bewertungssystem zur Ressourceneffizienz. Die Ergebnisse der Forschungen veranschaulicht der 51-Jährige an einem Beispiel: »Bis ich als Endprodukt ein Kilo Aluminium bekomme, habe ich tausendmal mehr Natur verbraucht als bei einem Kilo Holz.« Extrem erhöhte Leberwerte Hier setzt auch Hildenbrands grundsätzliche Kritik am gegenwärtigen Wirtschaftssystem an: Die klassische Volkswirtschaftslehre kenne mit Boden, Arbeit und Kapital drei Produktionsfaktoren. In ihren Analysen betrachte sie aber nur die beiden letztgenannten Faktoren. Der Boden, der unter anderem für natürliche Ressourcen, Biodiversität und Artenvielfalt steht, wird laut Hildenbrand nicht berücksichtigt. Deshalb plädiert er für eine »bodenständige Marktwirtschaft, die den Faktor Boden mitdenkt«. Den Boden unter den Füßen hat es Hildenbrand weggezogen, als bei ihm vor etwa zehn Jahren vor einer Operation »furchtbar hohe Leberwerte« festgestellt wurden. »Ich wurde behandelt wie ein Alkoholiker, obwohl ich fast abstinent war«, sagt er. Es stellte sich heraus, dass der Grund dafür extrem giftige Inhaltsstoffe von Lasuren waren, die Hildenbrand über Jahre inhaliert hatte. Damals hatte er sein Büro über der Lackiererei und atmete die leicht flüchtigen Stoffe unbemerkt ein. Wenn der Ebenheider von Nachhaltigkeit spricht, dann meint er eben nicht, dass Gifte in Produkten über Jahre hinweg die Gesundheit der Kunden schädigen. Zur besseren Visualisierung seiner Nachhaltigkeitsdaten verwendet der 51-Jährige einen sogenannten Sustain Globe. Dieser bunte Ball vereint noch mehr Informationen und zeigt anhand einer bronzenen, silbernen oder goldenen Achse, wie diese bewertet wurden. Es ist ein wenig wie bei den Olympischen Spielen: Wer mit seinen natürlichen Ressourcen richtig wirtschaftet, der darf sich am Ende über Edelmetall freuen. Gesundheitsgefährdendes Doping führt hingegen hier wie da zur Disqualifizierung. bKlaus Hildenbrand hält am Freitag, 8. April, um 18 Uhr im Freudenberger Rauch-Museum einen Vortrag zu »Bodenständiger Marktwirtschaft«. Boris Dauber

Zur Person: Klaus Hildenbrand

Klaus Hildenbrand ist Tischlermeister und Wirtschaftsingenieur. Der 51-Jährige leitet die Hilbra GmbH in Ebenheid, die sich auf verschiedene Arten von Fensterläden spezialisiert hat. 1933 gründete sein Großvater Alfons Hildenbrand eine Schreinerei im Ort. Das Gebäude, in dem das Familienunternehmen heute firmiert, wurde hingegen erst 1946 gebaut. Klaus Hildenbrands Vater Theo übernahm die Firma im Jahr 1964 und verlegte den Schwerpunkt von der Möbelherstellung hin zur Fensterproduktion. »Als in den Achtzigern absehbar war, dass der Markt mit Fenstern gesättigt ist, nahm er zusätzlich Fensterläden mit ins Programm«, erzählt Klaus Hildenbrand, der die Firma seit 1994 führt. Um Fensterläden so komfortabel wie Rollläden zu machen, entwickelte der Wirtschaftsingenieur eigene elektrische Lösungen. Vom Klapp- über den Wende- bis zum Horizontalfaltladen reicht das Sortiment. Klaus Hildenbrand arbeitet seit Jahrzehnten an einem Konzept, das er »bodenständige Marktwirtschaft« nennt. Um die Nachhaltigkeit eines Produkts zu bestimmen, greift er auf diverse Datenbanken zurück und reicht diese Informationen aufgearbeitet an seine Kunden weiter. Der 51-Jährige war von 2003 bis 2008 Vorsitzender des Club of Wuppertal, wo Mittelständler und Wissenschaftler gemeinsam an zukunftsfähigen Unternehmensleitbildern arbeiten. (Boris Dauber)

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